Funktionsintegrierte Werkstoffe

Als entscheidenden Innovationstreiber im Bereich Technik sind die interdisziplinären Bereiche Werkstoffentwicklung und Fertigungskompetenz stets im Fokus von Wissenschaft und Industrie. So sind beispielsweise neuartige Kunststoffe je nach Anwendungsgebiet regelrechte Alleskönner oder aber hochspezialisierte Lösungen mit Funktionsintegration. Dieses breite Leistungsspektrum ermöglicht ganz wesentlich eine nachhaltige Wirtschaft und erhöht somit die Ressourceneffizienz in Industrie und Gesellschaft.

Herstellung anwendungsspezifischer Compounds

Am kunststoffcampus bayern wird eine Vielzahl technischer Kunststoffe compoundiert. Hierbei werden Polymergrundstoffe mit anderen Zusätzen gemischt. Durch das Hinzufügen von Additiven, Füllstoffen und Verstärkungsphasen können physikalische Eigenschaften beeinflusst werden, beispielsweise in Bezug auf Festigkeit, Leitfähigkeit, Verschleiß oder Farbe. Der kunststoffcampus bayern hat Erfahrung mit der Optimierung technischer Kunststoffe (z.B. Polyamide) hinsichtlich:

  • thermisch und/oder elektrisch leitfähig
  • magnetisch
  • Glas-Kunststoff-Compounds

Additive Fertigung

Die nahezu uneingeschränkte Freiheit in der geometrischen Gestaltung der Bauteile ist ein großer Vorteil dieser Fertigungsmethode. So können beispielsweise Bauteile mit integrierter Funktionalität direkt aus unterschiedlichen thermoplastischen Werkstoffen gefertigt werden. Dabei können gezielt Materialeigenschaften variiert werden, z.B. durch Gradientenwerkstoffe oder mittels ganz neuer Materialkombinationen. Häufig sind anwendungsrelevante Kunststoffcompounds nicht vorhanden bzw. die Möglichkeiten der Funktionsintegration finden bislang zu wenig Beachtung. Dabei lässt sich hierüber ein Potential für Anwendungen in den Bereichen Mechatronik, Sensorik oder Bauteilen mit Funktionsintegration ableiten. In diesem Kontext beschäftigt sich der kunststoffcampus bayern mit den Themen:

  • 3D-Druck flexibler Werkstoffe
  • Fertigung von elektroaktiven Komponenten

Dafür werden maßgeschneiderte Werkstoffe benötigt, um gradierte mechanische Eigenschaften oder lokale Veränderungen der Funktionalität abbilden zu können. Industriell geeignete Ausgangsmaterialien bereitzustellen, ist somit eine zentrale Herausforderung zur Etablierung dieses Fertigungsverfahren für Funktionsbauteile. Hierbei bestehen sowohl prozesstechnisch als auch werkstoffwissenschaftlich noch große Kenntnislücken. Insbesondere Composite aus Polymer und Glas- oder Metallpartikeln sowie elektrisch und thermisch leitfähige Compounds sind Gegenstand aktueller Forschungsprojekte am kunststoffcampus bayern. In Kooperation mit industriellen Partnern werden „tailor-made polymer composites“ entwickelt und am kunststoffcampus bayern hergestellt sowie auf eigenen Anlagen zu Filamenten weiterverarbeitet (vgl. Abbildung). Anschließend erfolgt der 3D-Druck, um anhand von Norm-Prüfkörpern die Werkstoffeigenschaften zu charakterisieren. Der Ansatz, lokal den verwendeten Werkstoff und die Druckparameter beim Schichtaufbau zu variieren, wird es zukünftig ermöglichen, gewünschte Funktionen bereits beim Druck der Bauteile zu realisieren. Durch Bereitstellung elektrisch und/oder thermisch leitfähiger Compounds lassen sich somit Schaltungen für die Sensorik oder auch Aktuatoren innerhalb eines Bauteils umsetzen. Gleichzeitig bleiben die konstruktiven Freiheiten der additiven Fertigung erhalten.

Intelligente Folien

Prof. Rychkov besetzt mit seiner bisherigen wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der Ladungsspeicherung und des Ladungstransports in Polymeren ein zukunftsweisendes Forschungsfeld. Die Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Tätigkeit bildeten zunächst polare ferroelektrische Polymere und später klassische ladungsspeichernde Elektrete. Mit Hilfe von chemischen Behandlungen der Polymer-Oberflächen konnten erfolgreich Methoden zur Ladungsstabilisierung entwickelt und angewandt werden. An der Universität Potsdam rückte dann die Herstellung von Kompositmaterialien auf Basis von Elastomeren und verschiedenen leitfähigen sowie keramischen Partikeln in den Fokus. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse konnten anschließend auf flexible Elektroden beziehungsweise Aktoren angewendet werden. Zuletzt arbeitete Prof. Rychkov an der Entwicklung von hautähnlichen kapazitiven Sensoren für das Structural Health Monitoring. Intelligente und innovative Folien, hier definiert als Folien, die…

  • …auf äußere Einflüsse reagieren können, wie z.B. Wärme, Feuchtigkeit, Berührung oder andere Umgebungseinflüsse, sowie
  • …mit einer integrierten Sensortechnik versehen sind…

 …haben vielseitige Anwendungsbereiche. Gemeinsam mit den teilnehmenden Unternehmen werden im ersten Schritt konkrete Anforderungen und Fragestellungen definiert. Mit dem Know-How des Technologiezentrums und allen Projektteilnehmern werden dann die ersten Entwicklungsansätze und Umsetzungskonzepte erarbeitet. Daraus abgeleitet werden schließlich die Untersuchungen und Tätigkeiten der 6-monatigen Machbarkeitsstudie, wobei die Ergebnisse den Unternehmen ohne finanziellen Aufwand zur Verfügung gestellt werden.

Oberflächenbeschichtung

Mit einem innovativen Trockenfertigungsverfahren, der sogenannte Direktmetallisierung, werden mit der Kombination aus Spritzguss, Maskierung und Plasmatechnologie elektronisch leitfähige Bahnen direkt auf thermoplastische Oberflächen aufgebracht. Bei diesem Prozess werden keine gesundheitsschädlichen Produkte wie z.B. Ätzmittel (Eisen-3-Chlorid, Aminiumpersulfat) benötigt. Die Bauteile werden zudem meist aus rezyklierbaren Thermoplasten hergestellt und sind somit unkritisch bei der Entsorgung.

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