Dialog zwischen Politik, Verband, Wirtschaft und Wissenschaft

Paneldiskussion und Netzwerktreffen am 14.06.2022

Zur 11. Veranstaltung präsentierten die Gäste aus Politik und Wirtschaft zunächst jeweils einen kurzen Impulsvortrag zum Thema Kreislaufwirtschaft und diskutierten anschließend mit den Teilnehmenden des Projekts #DieWirkt.

Agenda der Veranstaltung

"Wir brauchen das Verständnis aller Beteiligten"

Alfons Brandl (MdL), CSU

"Final bedeutet es, dass wir wieder mehr lokal wirtschaften müssen."

Michael Weigelt, Geschäftsführer GKV/TecPart e.V.

"Wir müssen in anderen Wirtschaftsmodellen denken."

Martin Stümpfig (MdL), B90/Grüne

Alfons Brandl (MdL), CSU

Der Abgeordnete Alfons Brandl wies gleich zu Beginn seiner Ausführungen darauf hin, dass für die Kreislaufwirtschaft das Verständnis aller Beteiligten benötigt werde. Hier sieht er an mehreren Stellen die Politik in der Pflicht: Diese müsse den rechtlichen Rahmen auf Basis der Nachhaltigkeits-Ziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals - SDG) schaffen und für die einzelnen Bereiche verständlich herunterbrechen. "Innovative Ideen und gesetzte Ziele im Bereich der Kreislaufwirtschaft können durch partei- und ressortübergreifenden Dialog deutlich schneller auf die Straße gebracht werden", so Brandl weiter. Gleichzeitig wünscht sich der Politiker, dass die Bevölkerung von den Hochschulen noch stärker in die Projekte vor Ort eingebunden werde. Dies fördere das gemeinsame Verständnis und generiere einen zusätzlichen Mehrwert durch die unterschiedlichen Sichtweisen. Hierzu sei es jedoch notwendig, dass sowohl Politik als auch Wissenschaft eine einfache Sprache nutze bzw. Erkenntnisse verständlich kommuniziere.

Michael Weigelt, Geschäftsführer GKV/TecPart e.V.

Michael Weigelt eröffnet seinen Impuls mit einer Rückschau auf den gesellschaftlichen Stellenwert des Kunststoffes am Beispiel der Firma Tupperware – ein Mehrweg-System aus Kunststoff. Dies habe seit Erfindung viele Haushalte begeistert. Aktuell habe sich die positive Einstellung zum Kunststoff jedoch gewandelt und in der öffentlichen Wahrnehmung finde vor allem der Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt große Aufmerksamkeit. Deutlich schwerwiegender als die Umweltbelastung, so Weigelt, werden uns jedoch die Folgen der Veränderungen des Weltklimas treffen. Am Beispiel von Getränkeverpackungen führt Weigelt daher an, stets auch die CO2-Emissionen über den gesamten Produktlebenszyklus (Energieverbrauch der Herstellung, Transportgewicht, Recyclingaufwand, etc.) zu betrachten. Im Kontext der EU-Ökodesign Richtlinie seien CO2-günstige Produkte und Werkstoffe also möglichst lang im Kreislauf zu halten. "Hier ist die öffentliche Hand und die Industrie gefordert entsprechende Kreisläufe zu etablieren", berichtet Weigelt und beziffert die benötigte Mehrmenge an Rezyklat (für die Wiederverwendung aufbereitetes Material - Anm. d. Red.) mit mindestens 1,5 Millionen Tonnen allein für Deutschland. Woher sollen diese Rezyklate kommen? Eine wesentliche Voraussetzung dafür sei die Reduzierung von Mischabfällen, in denen sich viele hochwertige Kunststoffe befänden. Großes Potential sieht Weigelt dabei in der Auslegung von Produkten, dem Design for Recycling und einer Überprüfung der Materialvielfalt in einzelnen Produkten. Abschließend blickt Weigelt mit ein wenig Sorge auf den Wettbewerb der kunststoffverarbeitenden Branchen (Bauwirtschaft, Verpackungs-, Automobil- und Textilindustrie) untereinander beim vermehrten Zugriff auf das knappe Gut der Rezyklate.

Martin Stümpfig (MdL), B90/Grüne

Martin Stümpfig berichtete eingangs, dass das Thema Kreislaufwirtschaft nach seiner Ansicht im Wirtschaftsausschuss des bayerischen Landtags noch viel zu wenig präsent sei. Angesichts des bereits Anfang Mai erreichten Erdüberlastungstages bestehe jedoch dringender Handlungsbedarf, um die von der Staatsregierung gesetzten Klimaziele zu erreichen. Ressourcenverbrauch bedeute stets auch CO2-Emissionen. "Hier kann die Kreislaufwirtschaft einen sehr großen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten", war Stümpfig sicher. Doch an welcher Stelle gibt es konkrete Ansatzpunkte? Hierzu machte der Grünen-Politiker deutlich, dass bereits in der Entwicklung von Produkten ein auf lange Lebensdauer orientiertes Design zur Anwendung kommen müsse. Dies umfasse beispielsweise die Verbesserung von Wartungs- und Reparaturfähigkeit der Produkte. Konkret sprach Stümpfig die Reduzierung von Klebeverbindungen an. Hierzu müssten jedoch einheitliche Standards bereitgestellt bzw. das Ordnungsrecht angepasst werden. Von den Konsumenten wünschte sich Stümpfig vor allem Offenheit gegenüber neuen Nutzungskonzepten wie Sharing oder Mietprodukten. Diese erforderten jedoch ein völlig anderes Wirtschaftsmodell. Als Ersatz für damit wegfallende Beschäftigung im produzierenden Gewerbe würden hochwertige Arbeitsplätze im Bereich After-Sales entstehen. An den Gedanken der Mehrfachnutzung anknüpfend begrüßte Stümpfig zum Abschluss seines Vortrags die Einführung des digitalen Ressourcenpasses in der Baubranche, da dieser den werkstofflichen Wert einer Immobilie wiederspiegle und den Erhalt von Immobilien fördere.

Die an die Impulsvorträge anschließende Paneldiskussion bot eine gute Gelegenheit zum Dialog. Hierbei wurden nicht nur Inhalte des zuvor Gehörten vertieft, sondern auch gänzlich neue Aspekte beleuchtet.

Der Einstieg in die Diskussion führte direkt zu verbraucherrelevanten Themen rund um Bio-Kunststoffe und der Abgrenzung zu (industriell) biologisch abbaubaren Kunststoffen. Hier besteht nach Meinung der Experten und Teilnehmenden noch deutlicher Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung. Brandl bekräftigte in diesem Zuge erneut seine Forderung nach verständlicher Sprache, um hier in den Dialog zu kommen und Missverständnisse abzubauen. Mit fortschreitendem Dialog zu Recyclingtechnologien und Konsumverhalten wurde die Frage aufgeworfen: Wollen wir als Gesellschaft im Hinblick auf das Ziel von 1,5 °C den Umweltschutz oder Klimaschutz in den Vordergrund stellen? Michael Weigelt sagt dazu deutlich:

„Wir müssen uns jetzt ums Klima kümmern, aufräumen können wir später noch.“

Das hört sich zunächst brutal an, unterstreicht jedoch das knappe Zeitlimit bis 2025 bzw. 2030. Daher sollte, so Weigelt, der Fokus auf CO2-Bilanzen bei den Produkten gelegt werden. Dies decke sich mit den Zielen des europäischen Green Deal. Daran anknüpfend ergab sich die Frage, welche Impulse die Politik hinsichtlich des Product Lifecycle Managements von Produkten setzen kann. Der digitale Produktpass werde in dem Kontext ein wichtiges Steuerungselement prognostiziert Martin Stümpfig. Enttäuscht zeigen sich die Unternehmensvertreter allerdings vom gedrosselten Tempo bei der nationalen Umsetzung des Green Deal.

 

#kreislaufwirtschaft #weiterbildung #THD #politik #verband

Stand: 24.06.2022

Dieses Projekt wird aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert.

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